Es gibt verschiedene Möglichkeiten Arbeit zu betrachten. Physikalisch oder als Aspekt der gesellschaftlichen Entwicklung. Nimmt man die Medien, also Presse und Fernsehen zum Beispiel, geht es beim Thema Arbeit überwiegend um Erwerbsarbeit, also um Jobs, um Arbeit die uns ein Arbeits- oder Erwerbseinkommen sichert. Nur leider ist das eine sehr begrenzte Sicht der Dinge. Denn es gibt sehr viel Arbeit, die unentgeltlich oder ehrenamtlich erledigt wird. Ein großer Teil davon ist sogar unentbehrlich oder wird bewusst im wirtschaftlichen Bereich vorausgesetzt.
Deshalb ein paar Zahlen:
Die Zahlen stammen vom Bundesamt für Statistik. Die Zahlen für die Erwerbsarbeit werden jährlich erfasst. Unentgeltliche und ehrenamtliche Arbeit wird unregelmäßig über den Mikrozensus erfasst und erscheint unter dem Stichwort „Zeitverwendung“. Dabei werden Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit und ihre jeweils dafür aufgewendete Zeit erfragt und ausgewertet. In der Statistik werden die gewonnenen Zahlen unter „Zeitverwendung“ angeführt. Man spricht hier auch vom „Satellitensystem Haushaltsproduktion“.
Sichtbar wird an den Zahlen dass die Erwerbsarbeit nur einen Teil und zwar einen kleineren Teil der Zeit ausmacht. Da 2022 ein neuer Mikrozensus durchgeführt wurde, dürften demnächst neue Zahlen zu erwarten sein.
Was zählt ist Unbezahlte Arbeit:
alles, was auch gegen Bezahlung getan werden könnte:
- Hausarbeit/Familie, Kinderbetreuung
- handwerkliche Arbeit zu Hause
- Betreuung und Pflege
- Nachbarschaftshilfe und Ehrenamt
Aber es kommt noch besser. durch die VGR (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung)
Die europäische Kommission hat dazu 2003 eine Methodologie, also eine Verfahrensweise zur Analyse und Betrachtung dieser unbezahlten Haushaltsproduktion vorgeschlagen, nach welcher diese in Rahmen einer Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung betrachtet und die Ergebnisse mit dem BIP (Bruttoinlandsprodukt) verglichen werden. Um das tun zu können, nimmt man vergleichbare bezahlte Tätigkeiten und setzt die jeweiligen Stundenlöhne als Grundlage für die Berechnung. Es werden dabei 3 mögliche Wege beschritten:
- man nimmt einen speziellen im Haushalt angesiedelten Job (Generalist Hauswirtschafter / Hauswirtschafterin)
- man bezieht sich auf die Berufsgruppen, deren Arbeitsinhalt einer der Haushaltstätigkeiten entspricht und summiert deren Löhne auf der Grundlage der jeweiligen Zeitaufwendung (Spezialistenansatz)
- der Durchschnittslohn der gesamten Volkswirtschaft dient als Berechnungsgrundlage
In der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom April 2016 – 137/16 wurden die Zahlen für 2013 veröffentlicht. Dort ist zu lesen:
Der im Rahmen der VGR ermittelte Wert der unbezahlten Arbeit auf Basis des Generalistansatzes (Nettolohn mit Bezahlung der Ausfallzeiten 11,44€) 826 Mrd.€ (bei Lohnkostenansatz: 1.814€).
Aus der VGR (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung) ergibt sich insgesamt außerdem ein Nettolohn 780 Mrd.€, Arbeitnehmerentgelt = 1.431 Mrd.€.
Das bedeutet, dass der Wert der unbezahlten Arbeit über dem Nettolohn liegt!
Die Bruttowertschöpfung der unbezahlten Arbeit betrug 2013: 987 Mrd.€. Das entspricht 39% der Bruttowertschöpfung 2013. (1992: 688 Mrd.€ = 45%; 2001: 801 Mrd.€ = 41%)
Zuletzt noch eine Anmerkung zum Einkommen. Abgesehen davon, dass nur ca. 40% des Gesamteinkommens aus Erwerbsarbeit stammen, was oben genannten Zahlen entspricht, gibt es weitere Arten von Einkommen: Renten, Zuschüsse zum Lebensunterhalt und andere Sozialleistungen, Einkommen aus Grundbesitz oder Vermietung. aus Spekulation usw.
Das Ziel eines Bedingungslosen Grundeinkommens besteht nicht darin, Erwerbsarbeit zu entwerten, sondern unbezahlte Arbeit aufzuwerten. Nicht nur weil es ohne diese Arbeit vieles nicht geben würde. Sondern auch weil sie wirtschaftlich sogar vorausgesetzt wird. Zum Beispiel im Bereich der Pflege des Gesundheitswesens. Allein in Thüringen beträgt der Wert der ehrenamtlichen Pflegearbeit im Gesundheitswesen ca. 700.000 €. Übrigens überwiegend von Frauen geleistet.